„Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder“

Diese sieben Worte sind Teil eines sehr ausführlichen Gebetes, dass König Salomo vor knapp 3000 Jahren anlässlich der Einweihung des ersten Jerusalemer Tempels gesprochen hat.

 

Dieser Tempel war für Israel etwas völlig Neues: ein fester Ort, der die Gegenwart Gottes und die Nähe zu seinem Volk sichtbar und spürbar macht. Im Grunde die erste feste „Wohnung“ Gottes.

 

Bisher war das die Bundeslade gewesen, in der Israel die zehn Gebote aufbewahrte und die sie in der langen Zeit der Wanderung mit sich führten. Inzwischen waren sie aber schon lange sesshaft geworden. Sie waren ein Königreich geworden. Auf dem Höhepunkt dieser Entwicklung sollte nun endlich auch Gott seine Wohnung unter ihnen nehmen. In direkter Nachbarschaft zum Königspalast sollte sein Palast stehen. Eigentlich hatte schon Salomos Vater David diesen Tempel bauen wollen – aber wie das manchmal so ist mit großen Plänen, war etwas dazwischen gekommen. Nun vollendete also Salomo den Tempel.

 

Wohl wissend, dass das mit der „Wohnung“ nicht wörtlich zu verstehen ist: „Denn sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?“

 

Kein Tempel und kein „Gotteshaus“ kann oder will Gott „fassen“. Sie sind eher Zeichen seiner Nähe.

 

Wenn wir in die Kirche gehen, besuchen wir nicht Gott bei sich zu Hause. Wir sind ihm da auch nicht näher, als wir es zu Hause oder überall sein können. Aber wir kommen dort zusammen, um uns ihm zuzuwenden, sein Wort zu hören und Gemeinschaft zu erleben. Das schafft natürlich Nähe – selbst wenn wir, wie jetzt, dabei Abstand voneinander halten müssen. Aber weil Gott eben nicht im Tempel und nicht im Gotteshaus wohnt, ist genau diese Nähe auch dann da, wenn wir nicht da sein können, sondern zu Hause bleiben müssen oder sonstwo unterwegs sind. Was übrigens später auch das Volk Israel wiederentdeckt hat. Und diese Erkenntnis war Gold wert.

 

Wenn wir uns Gott – wo auch immer – zuwenden, wissen wir: er kennt unser Herz. Wir müssen also nicht lange erklären, wie uns zumute ist. Wir können ihm nichts vormachen – und wir brauchen es auch nicht. „Du, Herr erforschst mich und kennst mich“ (Ps 139) Das reicht eigentlich schon. Und dann die Bitte: „Sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege“. AMEN.

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