"Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir"

Gedanken zum Monatsspruch Juli 2020.

 

Ein Engel rührte Elia an und sprach zu ihm: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir. (1. Könige 19,7)

 

An manchen Tagen bin ich so müde, dass ich mich zu einem kurzen Mittagsschlaf hinlege. Es gibt ja viele Gründe, müde zu sein: Zu viel Arbeit und zu wenig Schlaf, eine Krankheit, die mir meine Kraft raubt, eine Traurigkeit, die mich nicht loslässt oder auch manchmal dieses Gefühl: Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr …

 

Also lege ich mich hin, mitten am Tage, und möchte nur kurz schlafen, um Kraft zu schöpfen. Und dann ist sie da. Mit regelmäßiger Zuverlässigkeit. Sie krabbelt auf meinem Fuß herum oder kitzelt mich an der Nase: Die Fliege. Sie nervt mich so sehr, dass ich bald wieder aufstehe. „Na, so müde warst du wohl doch nicht, wenn eine kleine Fliege es schafft, dich vom Schlafen abzuhalten“, sagt meine Frau. Und sie hat wohl recht. Denn ich bin dankbar für die Kraft, die ich aller Müdigkeit zum Trotz immer wieder spüre. Die Kraft zum Aufstehen. Manchen Menschen geht es da anders.

 

Ich denke an Elia, den Propheten Gottes. Er hat sich so bemüht, hat Gott vertraut, für ihn gekämpft und den Kampf gewonnen. Alles war ihm geglückt. Und dann hat er sich verrannt in seinem Einsatz um Gerechtigkeit und Wahrheit. Elia ließ sich hinreißen zur Rache, und ehe er wieder klar denken konnte, klebte Blut an seinen Fingern. Er hatte es vergossen. Und so floh er weit in die Wüste hinein.

 

Doch wenn man auch seinen Feinden entfliehen kann, vor sich selbst kann man nicht fliehen. Bis an die Grundfesten seiner Existenz ist Elia erschüttert und verliert alles, was ihn bislang stark gemacht hat: Sein Vertrauen, seine Kraft und seinen Glauben.Die Erschöpfung ist übermächtig. Nur noch Ruhe! Alles loslassen. Nicht mehr kämpfen. Das wünscht er sich. Der Tiefpunkt seines Lebens ist erreicht. Elia hat sich selbst aufgegeben. Und dann kommt, sanft und beinahe unbemerkt, der Wendepunkt.

Denn Gott gibt niemanden auf.

 

Die Bibel erzählt von einem Engel, der Elia neuen Lebensmut schenkt. Es wird nicht viel geredet. Schon gar nicht auf die Schulter geklopft. Da ist nichts zu hören von einem„Wird schon wieder“. Nur eine leise und doch deutliche Aufforderung hört Elia:

„Steh auf und iss!“

 

Elia erwacht, aufstehen aber kann er nicht. Er ist einfach zu kraftlos. Er isst und trinkt und schläft wieder ein. Da kommt der Engel ein zweites Mal zu Elia:

 

„Steh auf und iss, du hast einen weiten Weg vor dir.“

 

Nun isst und trinkt und erwacht er wirklich – neue Lebenskraft ist da, Vertrauen wächst und Zuversicht. Elia macht sich auf den Weg – langsam und zögerlich noch, seinen neuen Aufgaben entgegen.

 

So einen Engel wünsche ich mir auch! Nicht nur für mich, sondern für all die, die müde sind wie Elia. Ich wünsche mir einen Engel, der weiß, was wir brauchen.

 

Wie gut wäre es, wenn uns dieser Engel sagen würde:

„Steh auf, du hast einen weiten Weg vor dir! Wie auch immer dieser weite Weg aussehen wird: Du musst ihn nicht alleine gehen. Vertraue darauf, dass jemand da ist, der dich stärkt und nährt mit Glaube, Liebe und Hoffnung.“

 

Die Bibel erzählt von solchen Engeln, und immer wieder haben Menschen erlebt und gespürt: Ich habe mich selbst aufgegeben. Aber Gott gibt mich nicht auf.

 

Das will ich glauben, auch wenn es mir nicht immer leichtfällt!

 

Ich will lernen zu vertrauen, dass auch für mich gilt, was die Bibel über Gott sagt:

 

Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen! (Psalm 91,11)

 

Diese Engel wünsche ich Ihnen für die kommende Zeit.

Bleiben Sie behütet.

 

Ihr Pfarrer

Christoph C. Schwaegermann

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